Spintronik: Ist das die Zukunft der Elektronik?

Raus aus der Grundlagenforschung, rein in den neuen Elektronik-Hype: Spintronik soll Elektronen den richtigen Spin verleihen und damit Träume nach mehr Energieeffizienz wahr werden lassen. 

 

Spintronik könnte ein Schlagwort werden, das irgendwann genauso selbstverständlich zu unserem Wortschatz gehört wie Elektronik. Was steckt dahinter? Beginnen wir mit der Grundlage der Elektronik: Elektronen tragen eine elektrische Ladung. Bewegen sich diese Elektronen, entsteht elektrischer Strom. So weit so gut. Allerdings wird momentan das volle Potenzial der Elektronen noch nicht ausgeschöpft. 

Der Spin ist ein Wirbelwind

Elektronen haben neben der Ladung auch einen Eigendrehimpuls – den Spin. Dieser lässt sich mit der Drehung um die eigene Achse vergleichen. Um den Elektronenspin effizient zu nutzen, ist Kontrolle und Detektion notwendig. Dann verspricht die Spintronik nämlich zahlreiche Anwendungen in der Informationsspeicherung und -verarbeitung. Zum Beispiel bietet sie Potenzial, die Energieeffizienz elektronischer Geräte deutlich zu verbessern. 

Die Kontrolle über den Spin

Aber wie lässt sich der Spin denn nun tatsächlich kontrollieren? Der Eigendrehimpuls der Elektronen kann nur zwei Orientierungen haben. Ein Elektron kann links- oder rechtsherum drehen. Betrachten wir das einzelne Elektron als winzigen Magneten, so zeigt entweder der magnetische Nord- oder Südpol „nach oben“. Die Elektronenspins bestimmen viele magnetische Eigenschaften eines Materials und sind daher durch ein äußeres Magnetfeld gezielt steuerbar. 

© Universität Basel, Departement Physik
Illustration des Spinventils: Beide Quantenpunkte (gestrichelte Ellipsen) auf dem Nanodraht sind durch Nanomagnete (braune Balken) so eingestellt, dass sie nur Elektronen mit einem nach oben gerichteten Spin durchlassen. Wird die Orientierung einer der Magnete geändert, wird der Stromfluss gestoppt. 

Nanomagnete sind der Schlüssel

Die Forscher platzieren hintereinander zwei kleine Halbleiterinseln (in der Abbildung gelb, Quantenpunkte) auf einem Nanodraht. Jede dieser Halbleiterinseln ist mit einem eigenen Nanomagneten ausgestattet, der über ein externes Feld kontrolliert werden kann. Die Wissenschaftler können damit steuern, ob die Quantenpunkte entweder Elektronen durchlassen, deren Spin nach oben (up) oder unten (down) gerichtet ist. Um also den Stromdurchfluss zu ermöglichen, müssen bei zwei hintereinandergeschalteten Quantenpunkten, beide Quantenpunkte auf „up“ oder beide auf „down“ gestellt sein. Der Stromfluss ist unterbrochen, wenn die Quantenpunkte unterschiedlich orientiert sind.

© Universität Basel, Andreas Baumgartner
Baumgartner ist überzeugt: „In Zukunft werden Elektronenspins vermehrt eine wichtige Rolle spielen, sei es in eher klassischen Speichern, oder in zukünftigen Quantencomputern."

 

Die Zukunft der Spintronik

Es braucht also ein Konzept, um mithilfe des Elektronenspins elektrischen Strom zu schalten. Ein Team um Professor Christian Schönenberger und Andreas Baumgartner vom Swiss Nano Science Institute (SNI) und Departement Physik der Universität Basel hat genau das beschriebene Konzept entwickelt und einen Prototyp hergestellt. Eine neue Technik für Spintronik in Halbleiterbauelementen. Ebenfalls beteiligt waren Forscherinnen des Instituto Nanoscienze CNR in Pisa. 

Das Konzept könnte in Zukunft auch dazu beitragen, dass Elektronenspins als kleinste Speichereinheit (Quantenbit) in einem Quantencomputer zur Anwendung kommen. „Der Vorteil der Spintronik ist die Reduktion des Energieverbrauchs. In Österreich wird diese Technologie allerdings erst in ungefähr zehn Jahren relevant sein“, meint Professor Siegfried Selberherr vom Institut für Mikroelektronik an der TU Wien. Übrigens: Auch in Österreich wird an der Spintronik geforscht. Im Christian Doppler-Labor der TU Wien, unter der Leitung von Viktor Sverdlov, konnten bereits beachtliche Forschungserfolge erzielt werden.